Viel blau, aber auch tolle Kante und Diagonale

Der November ließ sich eher etwas sparsam an – was die Wolken betraf. Die Wege, um zu den Wolken zu gelangen, waren zunächst relativ lang. Aber dafür konnte recht weit nach Norden geflogen werden. Da ging es um die Wendepunkte Gobabis oder Witvlei, dann Epukiro und weiter nach Norden auch noch Otjinene. Z. T. konnte man weit über 300 km von Pokweni aus nach Norden fliegen.

Spannend wurde es an den Tagen, an denen sich im Osten eine Wolkenaufreihung nach Südosten (Richtung Lendepas oder Mata Mata) bildete. An dieser Wolkenkante bildete sich eine Konvergenz mit den üblichen Erscheinungen: weiter im Osten standen Schauer und man düste am besten an der vorderen Kante entlang, oft ohne einen Kreis zu machen für mehrere 100 km. Bisweilen war große Vorsicht geboten, weil anscheinend auch alle anderen Piloten in Namibia diese Linie entdeckt hatten und das FLARM ständig Arbeit hatte. Die Steigwerte wurden bisweilen extrem stark – im Geradeausflug noch 5 – 6 m/s. Da galt es auch immer wieder auf den Abstand zu den Wolken zu achten. Aber ein tolles Fliegen!

Anfang Dezember gab es dann auch die lang ersehnte Möglichkeit nach Westen bzw. Nordwesten an das Escarpment heranzufliegen und dort nach Süden Richtung Helmeringhausen bzw. zum Brukkaros zu fliegen, zunächst nur vereinzelt, aber das ist einfach landschaftlich so reizvoll, dass da jeder Flug etwas Besonderes ist.

Ansonsten gab es in den folgenden Wochen mehr Abwechslung, aber immer noch ging es auch in den Nordosten. Ende des Monats wurde es zunehmend feuchter und so ereilte es Pokweni auch bei einem heftigen Schauer. Das freute dann die Marabus, die in großen Scharen an der nassen Pfanne erschienen. Der Flugbetrieb ging natürlich trotzdem weiter auf der langen Bahn.

Der Spitzenmonat war der Januar, wo es relativ viele gute Tage an der Abrisskante gab. Der beste Tag war mit Abstand der 12. 1. Da wurde zunächst möglichst weit in den Norden geflogen, über Hefner, weiter an die Grenze des Segelfluggebietes bzw. darüber hinaus, allerdings dann mit der Einschränkung auf eine Höhe unter FL 145. Morgens war das meist kein Problem, weil die Basis eh noch anstieg und man da quasi von selbst drunter blieb. Der Weg nach Süden (Richtung Helmeringhausen) ging mitunter sehr zügig und so ließ sich auch der Rückweg relativ schnell erledigen. Und wieder ging es hoch in den Norden. Glücklicherweise gab es wenig Überent-wicklungen und so konnte quasi die gleiche Wende noch einmal genommen werden wie am Morgen. Es blieb noch Zeit für eine kleine Strecke gen Süden und anschließend heimwärts nach Pokweni. Auch auf dem Rückweg gab es noch Steigen und so konnte ein bisschen nach Osten verlängert werden. Bei allen Pilot*innen gab es an dem Tag ein vierstelliges Ergebnis. Ganz besonders war der Flug von Markus Langemann mit über 1300 km. Ein bisschen Statistik: 36 Pilot*innen flogen bei 345 Flügen 253.311 km zusammen. Es gab 55 Flüge über 1000 km. Aber wichtiger als die Zahlen ist, dass alle viel Freude beim Fliegen hatten und vor allem alles unfallfrei vonstatten gegangen ist. Das lief in allen Situationen sehr umsichtig und versiert ab. Super! Da freuen sich alle schon auf die nächste Saison…

Segelfliegen im Paradies - Namibia

Johannes Stöckl berichtet im Folgenden von seinem ganz besonderen Pokweni-Aufenthalt.

Namibia, der Traum eines jeden Segelfliegers, 5 Meter Bärte, Konvergenzen bis zum Horizont und lange Endanflüge mit Landungen zu Sunset. Seitdem ich mit dem Segelfliegen begonnen habe, war mein Traum, einmal in Namibia zu fliegen. Dass ich schon ein Jahr nach meinem Scheinerhalt die Möglichkeit dazu bekommen habe, davon hätte ich nicht einmal zu träumen gewagt.

Am 28. August 2022 bekam ich einen Anruf von einer unbekannten Nummer. Zuerst war ich skeptisch, ob ich überhaupt abheben soll, weil es wahrscheinlich nur eine von diesen dutzenden Umfragen ist. Ich ging doch ans Telefon und es sprach eine Stimme „Hi Johannes, ich würde dich gerne für zwei Wochen nach Namibia einladen mit mir im Doppelsitzer mitzufliegen!“ Ich bekam also die Möglichkeit, aufgrund meiner Platzierung in der sis.at, mit Georg Kirchner in Namibia segelzufliegen, wahrscheinlich war das der schönste Tag im Jahr. Von da an war für mich klar, es gibt nur eine Option, eine Freistellung von der Schule für die ersten beiden Novemberwochen einzuholen und die restliche Organisation zu erledigen, um alles unter Dach und Fach zu bringen.

Jetzt war es fix, wir flogen am 29. Oktober von Wien über Frankfurt nach Windhoek und nahmen uns ein Mietauto, mit dem es über knapp 200 km nach Süden über die typischen gravelroads nach Pokweni ging. Schon bei der Anreise sahen wir etliche Giraffen, Springböcke und Oryx-Antilopen und konnten die Wildnis Afrikas hautnah erleben. Dort angekommen fühlte ich mich sofort wie zu Hause, wunderschöne Landschaft, gutes Essen, Swimmingpool und jede Menge netter Leute.



Aufrüsten

Pokweni-Farm

Schildkröte am Flugplatz

Nun zum fliegerischen Teil, vorab möchte ich aber noch ein paar Gedanken teilen. Segelfliegen in Namibia ist unzweifelhaft schön und bringt außergewöhnlich gute Bedingungen mit sich mit schon fast surrealen Schnittgeschwindigkeiten, jedoch sollte man sich auch gewissen Dingen bewusst sein. Man fliegt mitten über der Wüste und es gibt oft über weite Strecken keine bis wenige Außenlandemöglichkeiten. Falls es doch dazu kommen sollte, ist es immer wichtig, genügend Wasser bei sich zu haben, denn dein größter Freund, die Sonne, kann sich schnell zu deinem größten Feind entwickeln. Möglicherweise ist eine Übernachtung in der Wüste damit verbunden und es gibt eventuell keine Möglichkeit zu telefonieren, weil es gar keinen bis extrem schlechten Handyempfang gibt.

Pünktlich zu Saisonbeginn am 1. November starteten wir den ersten Flug im Nimbus 4DM mit querenden Springböcken beim Start und ich merkte sofort, das ist eine andere Dimension. Basis bis über 5000 m und Steigwerte, die um ein Vielfaches höher sind als in Europa. Nach einem ersten Eingewöhnungsflug absolvierten wir wunderschöne Streckenflüge meist zuerst Richtung Nordosten, nach Gobabis und dann entlang der Konvergenz parallel zur Grenze zu Botswana und wieder retour. Einmal gelang es uns sogar, bis nach Botswana hineinzufliegen und den sich über hunderte Kilometer von Nord nach Süd erstreckenden Grenzzaun zu besichtigen.

Doch die technischen Zwischenfälle blieben leider nicht aus und so geschah es, dass am dritten Tag beim Start die Motordrehzahl plötzlich um 1000 RPM abfiel, also wurde es nur ein Flug im Gleitwinkelbereich von Pokweni. Nach der Landung stellte sich heraus, dass das Verbindungsstück zwischen Abgaskrümmer und Auspufftopf gebrochen war. Alles war nur halb so schlimm, denn am Folgetag war sowieso kein Flugwetter und wir verbanden unsere Reparatur mit einem Ausflug nach Bitterwasser, um das Ersatzteil abzuholen.

Nachdem das Flugzeug wieder intakt war, ging die Streckenfliegerei weiter. Jeder Flug war ein Abenteuer, besonders aufregend war für mich der Waldbrand mitten in der Kalahari, was für Namibia aufgrund des geringen Niederschlags und der Hitze aber nichts Außergewöhnliches ist. Weiter musste ich schmunzeln als Wolfgang gerade gelandet war und im Funk mitteilte „Da ist eine Schlange bei meinem Flieger“, ich dachte mir nur, das ist Afrika pur.

Emma, die Haushündin

Nach der Landung im 4DM

Endanflug mit langen Schatten der Dünen am Boden

Speziell der Abschlussflug war ein besonderes Erlebnis, denn es ging schon in der Früh recht stark und hoch los, was eher untypisch ist, denn anfangs ist die Basis meist nicht höher als 1000 m AGL. Wir flogen wieder zuerst Richtung Gobabis und anschließend nach Süden einer Konvergenzlinie entlang mit Stundenschnitten bis über 170 km/h zwischen CB´s und Schauern im Osten und stabiler, blauer Luft im Westen. Nach der Landung konnten wir dann den Abend bei köstlichem Essen ausklingen lassen.

Abschließen möchte ich mit einem großen Dankeschön an Georg Kirchner und seine Frau Renate sowie an Jos, den Farmer und Annalie, die uns immer schmackhaft bekocht hat. Danke auch an meine Eltern und Großeltern für die Unterstützung und natürlich an Axel für die perfekte Flugbetriebsleitung und die gute Unterhaltung. Die Beherbergung war wirklich einzigartig, und ich war fast ein bisschen traurig als für mich der Urlaub zu Ende war, jedoch hoffe ich, eines Tages wieder zurückzukehren.

Kurz vor Sonnenuntergang

Nach der Landung die ganz besondere Stimmung beim Sonnenuntergang

Der Flugplatz

Der Flugplatz besteht aus der knapp 2,7 km langen Bahn (Richtung: 35 bzw. 17) und der Pfanne (Richtung: 23 bzw. 05).

In Verlängerung der Startbahn 35 findet sich eine 50 m breite und 1400 m lange Notlandebahn, so dass bei einem etwaigen Motorausfall eine Landung geradeaus problemlos möglich ist.

Pokweni liegt in einer Höhe von 1.250 m und hat die Koordinaten S 23° 39' 00'' E 17° 43' 48''.

Gestartet wird normalerweise auf der 35. Das Besondere der Starts auf der 35 ist, die hohe Festigkeit der Pfanne, die völlig hindernisfrei und vollkommen ohne Steine eine schnellere Beschleunigung ermöglicht.

Bei starkem Wind aus der entsprechenden Richtung können die Einsitzer auch schon mal auf der 05 bzw. der 23 starten. Zur Landung stehen alle Bahnen zur Verfügung, bevorzugt wird abends oft die 05.

Auch wenn die Pfanne mal nach einem großen Schauer voll Wasser gelaufen ist, ist das Fliegen in Pokweni kein Problem. Gestartet und gelandet wird dann auf der langen Bahn (35 bzw. 17) und über einen Bypass werden die Flugzeuge vom Schattennetz dorthin gebracht.

Schattennetz schützt vor der Sonne

Seit nun schon mehr als zehn Jahren gibt es ein Schattennetz, unter dem die Flugzeuge stehen können.

Dies ist für die Flugvorbereitung sehr praktisch. Nimmt das Schattennetz doch etwa 60 % der Sonnenstrahlung auf. So können die Piloten in aller Ruhe alles Notwendige erledigen - im Schatten.

Natürlich sind auch die Flugzeuge auf diese Weise besser vor der UV-Strahlung geschützt.

Im Herbst 2018 wurde das Schattennetz noch einmal um 60 m verlängert,
so dass jetzt wirklich für alle Flugzeuge Platz ist. Insgesamt sind es
jetzt 330 m Schattennetz.

Luftraum aktuell

Inzwischen haben sich die Luftraumstrukturen in Namibia gefestigt und es gibt einen klaren Rahmen. Grundlage ist das Segelfluggebiet (Gliding Area) , das bis zu FL 195 reicht. Darin einige TMZs, die nur mit Transponder und Hörbereitschaft beflogen werden dürfen.

Was jetzt wieder möglich ist, ist das Verlassen des Segefluggebietes nach Norden bis zu FL 145 (Achtung!). Mit etwas Umsicht lassen sich dadurch schöne Flüge gestalten.

Der Einflug nach Botswana ist bis zu 2 1/2° gestattet und der Südafrika-Zipfel bis zum Lendpas ist ebenfalls befliegbar. Beide Bereiche bis FL 195.

Genaue Einzelheiten finden sich auf der Seite der SSN (Soaring Society Namibia). Dort finden sich alle Angaben und auch Dateien zum Herunterladen (s. Links).